Nordkurier - Haff-Zeitung

Artikel vom 24.05.2006


Schönes Holz bekommt einfache Form
Etwa 50 Zentimeter beträgt der Durchmesser der großen Backschale
Fotos (2): Gabriele Heyden

Von Gabriele Heyden
Eggesin. Treppensprossen, Knöpfe, Schmuck, Handschmeichler, Schalen und Schüsseln, Äpfel, alles aus Holz, entstehen in der Drechslerwerkstatt von Karina Ihlenburg. An einem Platz im Verkaufsraum sind große Schalen übereinander gestapelt. Das sind Backschalen, sagt die Meisterin des Drechslerhandwerks. Von einem Tischler bekam sie eine gewaltige Bohle aus Ulmenholz, auch Rüster genannt, beginnt sie die Entstehungsgeschichte der Schalen zu erzählen. Das Holz darf nicht gerissen sein, erklärt Karina Ihlenburg. Für kunsthandwerkliche Arbeiten wird kein geleimtes Holz verarbeitet. „Manche machen das, um Muster zu erhalten. Ich mag das nicht.“ Die Meisterin sagt, dass sie bemüht ist, Dinge mit einem hohen praktischen Wert herzustellen.

Aus diesem Blickwinkel hat sie sich die breite Bohle angeschaut und ist in Erinnerung an frühere Zeiten, wo der Kuchen- oder Brotteig in so genannten Mollen geknetet wurde, auf die Idee mit den Backschalen gekommen. Die größten haben einen Durchmesser von mehr als einem halben Meter. Röhre und Schaber heißen die Werkzeuge, mit deren Hilfe die Drechslerin dem Rohling seine Form gibt. Zuerst wird die Unterseite der künftigen Schale und danach die Oberseite gedreht, erklärt Karina Ihlenburg Arbeitsschritte. „Das Schwierige ist die Unwucht bei so großen Stücken“, sagt die Frau. „Man muss die langsam drehen und je langsamer, desto schwerer ist es.“

Das Holz entscheidet bei der Drechslerin meist selber, was aus ihm wird. „Ist das Holz schön, bekommt es einfache Formen, um der Maserung Platz zu lassen.“ Die Kunst des Weglassens, nennt sie solche Entscheidungen.

Ihr Material kauft sie in der Regel beim Holzhändler. Manchmal rufen aber auch Leute an: „Wir haben unseren Birnbaum abgeschnitten, wollen sie den?“ Von diesem Holz haben dann allerdings erst ihre Kinder etwas, denn pro Zentimeter Stärke soll es ein Jahr zum Trocknen liegen.

Bei „Kunst:offen“ können Interessierte der Drechslerin in Hintersee, wo Karina Ihlenburg wohnt, über die Schulter schauen. In ihrer Galerie in der Scheune lädt sie gemeinsam mit ihrem Vater Claus Rose, der Bernsteinschmuck präsentiert, und ihrem Schwager Ralf Ihlenburg (Airbrush- und Ölmalerei) zu Vorführungen, zum Mitmachen oder einfach zum Klönen ein.
Mehr Informationen im Internet: www.drechslerei-rose.de


Drechslerin Karina Ihlenburg
  • am 8. November 1966 in Ueckermünde geboren
  • Besuch der Polytechnischen Oberschule
  • 1983 bis 1985 Lehre als Holzmodellbauer in der Gießerei in Torgelow
  • Abitur an der Volkshochschule, Drechsler-Lehre beim Vater Claus Rose in der Drechslerei in Eggesin
  • 1990 Heirat, zwei Kinder 1990 und 1995 geboren
  • 1997 bis 1999 Meisterausbildung in Seiffen/Erzgebirge
  • ab 2000 Selbstständigkeit als Drechslerin, Übernahme der Werstatt vom Vater


© Nordkurier.de am 24.05.2006